Weihnachten ist die sterbende Vergangenheit, doch Jesus wird in jedem Moment durch euere mitfühlenden Taten im Dienst an anderen neu geboren.
Wenn Sie für jemanden, der an Hunger stirbt weinen, wird Christus augenblicklich der Meister Ihres Seins und gibt sich als Vater Ihres Herzens zu erkennen.
Wenn wir von unseren Politikern enttäuscht sind und untröstlich über die Probleme in unserer Gesellschaft, haben wir den Eindruck, dass das ganze System faul ist. Ohne zu zögern kritisieren und beschuldigen wir das System. Aber in Wahrheit gibt es so etwas wie `das System´ gar nicht, denn wir sind es, die in unserer abgeschotteten und selbstgefälligen Lebensart nichts, oder fast gar nichts im Alltag tun, um die Weltlage zu verändern. In dem Moment, in dem wir die Welt betrachten und sagen „was für ein verrottetes System“, erkennen wir nicht die Realität und errichten eine Mauer zwischen uns und den Problemen der Menschheit. Wie merkwürdig, ein Phänomen zu betrachten, bei dem sich das Denken des Menschen vom Rest der Menschheit trennt und das System als etwas anderes bezeichnet, als was er selbst ist, wo wir doch gemeinsam das System bilden.
Wenn wir zusehen wie sich unsere Politiker im Fernsehen streiten und wie sie dann wieder ein Wahlversprechen brechen, neigen wir so sofort dazu eine andere Partei zu wählen. Angenommen wir wählen seit 45 Jahren die SPD und diese droht an, die Steuern zu erhöhen. Wenn dann die CDU neue Maßnahmen verspricht, die unsere Interessen decken, wechseln wir die Partei. Anstatt sich einer Gruppe von Aktivisten anzuschließen und reale Veränderungen in der Welt mit zu bestimmen, geben wir die Verantwortung an die Politiker ab. Wir verhalten uns, als ob die Politiker unsere Eltern und wir ihre unselbständigen Kinder wären. In der Zwischenzeit beeinflussen genau diese Politiker ihre Wähler mit komplizierten Regelungen und profitablen Investitionen. Um an der Macht zu bleiben, spielen sie mit destruktiven Marktkräften, die sie aber selbst gar nicht verstehen. Während wir uns Gedanken machen über unsere Hypotheken und einen Kampf für unser privates Glück führen, geben wir den unwissenden Politikern die Lizenz den Kräften der Kommerzialisierung freien Lauf zu lassen, wobei diese seit langem eine verheerende Wirkung auf unsere Gesellschaft, unsere Umwelt und die Perspektiven künftiger Generationen haben. Und dann geben wir dem System die Schuld an all den daraus entstehenden sozialen und wirtschaftlichen Turbulenzen, und anerkennen nicht die Rolle die auch wir dabei spielen, dass die natürliche Kreativität, Gerechtigkeit, Freiheit und die menschliche Evolution auf dieser Erde unterdrückt werden.
Warum können wir nicht durch inneres Bewusstsein unsere selbsternannte Rolle erkennen, die wir beim Entstehen von Plackerei und Spaltung im Alltag spielen? Und dann ordnen wir alles dem System zu. Wie oft geben wir insbesondere dem Kapitalismus die Schuld, ohne zu erkennen, dass das in unserem Geist eine Trennung schafft und an sich schon einen „Ismus“ darstellt. Das Wählen als solches ist bereits der Ausdruck eines „Ismus“, wenn wir dabei die Macht an die Politiker abgeben und dann das System schuldig machen, wenn alles schiefläuft, ohne die Verantwortung für unser Nichthandeln und unsere Gleichgültigkeit zu übernehmen. Wir alle, Sie und Ich, verschwenden unsere Zeit, wenn wir über Politik diskutieren und darüber wie die Gesellschaft strukturiert und geregelt sein sollte, wenn wir dabei alle gemeinsam nur Spaltungen erzeugen auf der Grundlage von Ismen und polarisierenden Ideologien. Wir sind es, die die Ismen in all ihren Formen erschaffen und repräsentieren, nicht zuletzt die politischen Ismen, die wir als Vorwand nehmen, um unsere Ängste, Egoismen und die Selbstgefälligkeit zu verdecken. Sie sind CDU; ich bin SPD. Meine Partei stimmt mit ihrer nicht überein; wir ziehen in den Krieg wegen einer Ideologie. Beide entstehen auf derselben Denkebene und wir sind es, die psychisch unter all diesen Trennungen, die wir selbst geschaffen haben, leiden. Und es gibt kein Entrinnen aus unserer gemeinsamen Schuld, auch nicht, wenn wir uns in autarke Kommunen zurückziehen. Damit trennen wir uns physisch wie seelisch von der übrigen Menschheit. Solange die Welt stirbt, werden auch wir auf die eine oder andere Art sterben.
Wenn wir genauer und psychologisch untersuchen, was der Kapitalismus den Menschen und dem Planeten antut und wie diese gewinnorientierte Form der sozialen Organisation so lose und außer Kontrolle geriet, dann bedarf es nur weniger Wirkstoffe: Selbstgefälligkeit, Gier, Blindheit und vor allem eine kollektive Arroganz. Wenn also der Kapitalismus verrottet ist, sind wir das auch, denn wir repräsentieren das menschliche Verhalten, das dieses ungerechte System, seit Generationen am Leben erhält. Das, was wir als Kapitalismus in Reinform betrachten existiert schon lange nicht mehr. Alles was wir heute sehen ist der Missbrauch dieses verwitweten und korrumpierten Prinzips, das mittlerweile im schärfsten Gegensatz steht zum verwaisten Prinzip des Teilens. Die alte Idee des Kapitalismus, wie man sie an Universitäten lehrte, wird seit langem missachtet, währenddessen Teilen in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht so ins Abseits gestellt wird, dass es auch auf den höchsten Stufen unserer bestehenden Regierungsebenen kaum noch einer versteht.
Welche Möglichkeiten gäbe es denn überhaupt, das System vollständig zu ändern, wenn doch die meisten Menschen es bevorzugen ein angenehmes Leben in ihrer eigenen kleinen Welt zu führen, die wir "mein Leben" und "meine Rechte" nennen? Wir denken in erster Linie an uns selbst und setzen unsere Urlaube, unsere Rente, unsere Unterhaltung und die Modernisierung unsere Wohnräume an erste Stelle. ´Ich möchte nicht gestört werden`, sollte auf unserer Stirn stehen. Natürlich gibt es nichts daran auszusetzen, dass wir in bescheidenem Wohlstand leben mit schönen Dingen. Aber wenn die Reichen wirklichen Komfort in der Welt suchen, sollten sie sich vielleicht fragen, ob andere auch haben was sie brauchen. Sonst wird ihr Komfort sie teuer zu stehen kommen mit Leibwächtern und Sicherheitszäunen und Alarmanlagen. Sogar die Armen sind stark konditioniert, da sie die Ungerechtigkeiten unserer geteilten Welt akzeptieren, und daher dazu neigen, immer demoralisiert und apathisch zu sein, anstatt sich zu verbünden, um die Ungleichheiten des Systems herauszufordern. Selbstgefälligkeit wurde auf emotionaler Ebene durch die Angst und mangelnde Selbsterkenntnis so lange aufrechterhalten, dass sie fast genetisch bedingt ist. Und dadurch werden wir am Ende gegenüber unserer höheren spirituellen Bestimmung und unserem kreativen Potenzial als Menschenwesen blind. Genau diese psychologische Spaltung zwischen uns allen führt dazu, dass die menschliche Evolution so langsam und schmerzlich vor sich geht.
Aus dieser Perspektive kann das, was wir das System nennen, in einfachen Worten als unsere falsche Einstellung zu menschlichen Beziehungen definiert werden – zu uns selbst, innerhalb unserer Gesellschaften und zwischen den Menschen verschiedener Nationen. Wenn ich mir darüber klar werde, dass die Gesellschaft eine Erweiterung meiner selbst ist und ICH das System BIN, sowohl in nationaler wie internationaler Manifestation - dann kann ich nicht mehr behaupten, wenn ich mit Armut, Ungerechtigkeit und Korruption konfrontiert werde, `so war das schon immer´. Die ganze Dynamik in meinem Bewusstsein wird sich grundlegend ändern, wenn ich erkenne, dass niemand von den Problemen der Menschheit freigesprochen werden kann und als erstes könnte ich mich den Demonstrationen für Freiheit und Gerechtigkeit anschließen, die mittlerweile in jedem Land sporadisch ausbrechen.
Die Selbstgefälligkeit derjenigen, die das System kritisieren und dann nichts einsetzen, um die Weltsituation zu ändern, ist eigentlich Scharlatanerie. Es ist gleich, ob wir arm oder reich sind: eine Lebensweise, die nur nach dem eigenen Glück und Wohlstand strebt, macht taub und indifferent gegenüber den Krisen, die die Welt schütteln. Das ist eine psychologisch gefährliche Haltung für uns selbst und auch für andere. Mit einer solchen Haltung dem Leben gegenüber können wir uns nicht über die Turbulenzen der Märkte beschweren, die zu sozialen Spaltungen und weit verbreiteter Zerstörung führen. Jetzt, wo die Kommerzialisierung in unseren Adern fließt, hat unsere Selbstgefälligkeit epidemische Ausmaße erreicht und nun müssen wir vielleicht den Fanatikern zuhören, die von kommenden Katastrophen und Armageddon sprechen. In der Tat, wenn das der höchste Ausdruck einer Zivilisation ist den die Menschheit erreichen kann, dann ist vielleicht die einzige Hoffnung auf ein Massenerwachen der unwiderrufliche Zusammenbruch der Weltwirtschaft. Vielleicht erkennen wir dann die Einheit der Menschheit.
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Es gibt kein besseres Beispiel für unsere stille Beteiligung an der Aufrechterhaltung des Systems als das Weihnachtsfest. Eine Zeit, in der wir konsumieren und konsumieren und im Namen Jesu in den Einkaufstempeln unsere fragile und bedauernswerte Erde ausplündern. Viele von uns machen Mülltrennung und behaupten unsere Umwelt zu schonen, aber am 24. und 25. Dezember werfen wir all unser ethisches Verhalten über den Haufen und feiern, egal um welchen Preis. Und dann verpassen wir die Erkenntnis, dass wir durch das Kaufen der vielen teuren Geschenke einen Akt politischer Konformität begehen, und damit grundsätzlich auch unsere Intelligenz und Freiheit verleugnen. Selbst wenn wir nicht über genügend Geld verfügen, würden wir uns lieber verschulden, um Geschenke für unsere Freunde und Verwandte zu kaufen, um damit das Image eines bestimmten Lebensstiles zu bewahren. Trotz der untragbaren Verschuldung von Millionen von Menschen und jeder einzelnen Nation, sowohl in finanzieller als auch in ökologischer Hinsicht und der traurigen Tatsache, dass wir in dieser Zeit von immensem Stress und Leiden psychisch voneinander getrennt leben. Und dann feiern wir im Namen eines nicht fassbaren Vaters im Himmel mit weißem Bart, im Namen einer glücklichen Familie und der Freude ‚einander wieder zu sehen‘. Alles, um unsere innere Leere über eine öde und konditionierte Existenz zu füllen und unsere Kinder irrezuführen mit all den unnötigen Geschenken. Mit dem Ergebnis, dass jedes Kind ein Anwärter für ein Pawlowsches Experiment ist und das an jedem Weihnachtsabend. Und dann führen wir uns gegenseitig in die Irre, indem wir die Regierungen, die Unternehmen oder den ‚Kapitalismus‘ beschuldigen und behaupten sie zerstören die Erde. Dabei sind wir das selbst und wir sind auch gemeinsam für alles was mit unserer Welt geschieht verantwortlich.
Das soll keine Abwertung des Weihnachtsfests oder ähnlicher Feiern sein, sondern nur ein Anstoß dazu, über die Realität von dem was heute geschieht, nachzudenken. Noch geht es darum zu verurteilen oder auf jemanden mit dem Finger zu zeigen, denn wir sind, wie wir bereits festgestellt haben, alle für die Probleme der Welt verantwortlich. Dem kann sich keiner entziehen. Fragen wir uns also aufrichtig: Was hat Weihnachten, so wie wir es heute kennen, noch mit Liebe oder Jesus zu tun? Lassen Sie uns diese Frage mit Mut stellen und erforschen wir besonnen unser Inneres, um darauf eine Antwort zu finden. Was für einen Wert hat es, uns gegenseitig vorzumachen, „das Leben geht weiter“, wenn wir uns jährlich mit denselben Worten begrüßen: „Frohe Weihnachten“, „Frohes Neues Jahr“? Wieviel Ehrlichkeit ist in diesen Worten? Wenn jeder Tag erfüllt ist von Angst, Stress und finanzieller Unsicherheit, bis zu dem Punkt wo viele Menschen an Selbstmord denken? Oder wenn die meisten von uns in unterschiedlichem Maß an Depression oder Einsamkeit leiden oder unter dem geheimen Schmerz der psychologischen Trennung? Und wenn wir uns dazu zwingen, Grußkarten an alle unsere Freunde und Verwandten zu senden, damit wir nicht unhöflich erscheinen und uns keiner ansieht, dass wir es längst leid sind?
Lassen Sie uns tiefer gehen und fragen, warum wir zur Weihnachtszeit so viele Millionen Tiere schlachten und Bäume fällen, ja ganze Wälder abholzen im Namen einer unechten Weihnachtsstimmung, nur um unser festliches Abendessen mit Gelächter zu genießen, gleichgültig was in der Welt jenseits unseres Tisches geschieht. Unendlich viele Ressourcen der Erde werden verschwendet und vernichtet, nur um das Loch unserer ängstlichen und leeren Existenz zu füllen, als ob die Liebe Jesus nur am 24. Dezember durch unser Haus weht. Letztendlich dient all die Zerstörung und Zügellosigkeit keinem wahren moralischen Zweck, sondern sie wird nur wegen einem Glauben zelebriert – ein Labyrinth verzerrter Glaubensbekenntnisse, mit dem die Kirche seit Jahrtausenden vieles verfälscht darstellt.
Wir mögen uns sagen, dass der Kauf so vieler Geschenke Ausdruck unserer Liebe und Zuneigung ist, aber warum muss diese Liebe chronologisch an einem bestimmten Datum zum Ausdruck kommen? Ist es tatsächlich Liebe oder ist es Konformität und Konditionierung, die auf der Verleugnung unserer Intelligenz und auf dem „Glauben an einen Glauben“ beruhen? In diesem Fall ist unser herdenartiger Kauf von Geschenken, Tannen und so vielen Lebensmitteln und Getränken ein rein sozialer Akt, der von Natur aus sinnentleert von Liebe und Freiheit ist und unweigerlich gekennzeichnet durch geistiges oder spirituelles Unbehagen - denn Konformität kann nicht existieren ohne in der Angst zu wurzeln. Unser übermäßiger Konsum erfolgt automatisch und ist daher ein gedankenloser Akt der Gewalt gegenüber unserer Erde und uns selbst. Es ist eine unbewusste Lüge, die genau das System aufrechterhält, von dem wir behaupten, dass wir es nicht mögen, während wir die Aufmerksamkeit von unserer kollektiven Mitschuld, Heuchelei und Selbstzufriedenheit damit gut ablenken.
Denken Sie daran, dass wir alle ein Teil dieser Realität sind und bis zu einem gewissen Grad Scharlatane, durch unsere Teilhabe an der modernen Gesellschaft. Und Weihnachten zu feiern ist kein Verbrechen, aber lassen Sie uns eine Selbstbetrachtung anstellen, ohne Vorurteile, aber mit aller Bescheidenheit. Versuchen wir uns dessen bewusst zu werden, was wir tun, und erkennen wir, dass wir genau das System bilden, das wir verabscheuen, auch wenn wir nicht sehen wollen, welche Rolle wir bei der Schaffung einer solch bösartigen Gesellschaftsordnung spielen. Betrachten wir gemeinsam die Geschehnisse in der Welt und ihren Zusammenhang, und fragen uns, ob es nicht möglich wäre Weihnachten auf eine andere und wirklich liebevolle Weise zu feiern.
Denn es ist nicht die Liebe Christi, die unsere Feierlichkeiten bestimmt, sondern die Kräfte der Kommerzialisierung, die von Konditionierung und Konformität profitieren. Das ist die Wahrheit dessen was tatsächlich geschieht, wie jeder, der die Warteschlangen verzweifelter Käufer in der Weihnachtszeit beobachtet hat, bezeugen kann. Die multinationalen Konzerne tun sich gütlich am Einkaufszwang, und die Banken gewinnen von unserer sozialen Konformität, die uns immer tiefer in die Verschuldung treibt. Und wenn das gesamte System der nicht nachhaltigen Kreditaufnahme und -vergabe implodiert, sind es die Regierungen, die rücksichtslose Banken retten, um zu versuchen, eine schmelzende Wirtschaft wiederzubeleben. Aber WIR sind diejenigen, die angeblich nur ein normales Leben führen möchten und schnell zu unserem eigennützigen Verhalten zurückkehren wollen. Und dadurch halten wir dieses ungerechte System bereitwillig aufrecht. Die Weltlage ist heute so unsicher, dass es sehr bald keine Rettungsaktionen mehr geben kann, weder für die Reichen noch für die Armen. Und trotz allem feiern wir unbekümmert am Heiligen Abend, was absolut nichts mit Christus oder dem zu tun hat, was er lehrte.
Wir kennen vermutlich alle die Worte von Jesus am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (eli eli lama azavanti) Aber heute ist es so, als ob die Menschheit stillschweigend und unbewusst sagen würde: ` Mein Gott, warum haben wir DICH verlassen und der Kommerzialisierung unser Leben in die Hand gegeben und damit dein heiliges Reich entweiht und auf deine Lehre über echte menschliche Beziehungen verzichtet?`
Tatsächlich ist der 24. Dezember ein trauriger und schrecklicher Tag, denn zur gleichen Zeit wo wir die Geburt Christi feiern, gibt es Milliarden Männer, Frauen und Kinder, die nicht einmal das Nötigste zum Leben haben, geschweige denn den Luxus eines Weihnachtsmenüs. Und um Mitternacht am 31. Dezember wünschen wir uns gegenseitig ein frohes Neues Jahr, während Tausende unserer Mitmenschen in fernen Ländern Todesgefahren ausgesetzt sind. Fast sieht es so aus, als würden wir dieses unnötige Verhungern, die Unterernährung, die Krankheiten und Todesgefahren feiern. Wir könnten natürlich entgegnen, dass das schon immer so war. Aber würden wir frohgemut Weihnachten und Silvester feiern, wenn Gott bewahre, jemand aus unserer Familie gestorben wäre? Und warum sehen wir tatenlos zu, wenn täglich tausende von Menschen aus vermeidbaren, armutsbedingten Ursachen sterben und denken nicht weiter darüber nach? Was wir tatsächlich in solchen Zeiten feiern, ist weiterhin für unsere Selbstgefälligkeit frei zu sein. Ignorant und unreif verstecken wir uns hinter alten Alibis wie `das Leben ist kurz`, oder `man lebt nur einmal`, `lass uns treffen und eine gute Zeit zusammen haben`.
Wir könnten als Experiment versuchen an Silvester nichts zu planen und stattdessen allein zu Hause bleiben, ohne Fernsehen oder Kommunikation mit anderen. Und dann werden Sie erleben, wie einsam man sich fühlt, wenn alle da draußen ihren Spaß haben. Und dann stellen Sie sich noch vor, dass Sie schrecklichen Hunger haben, ohne jegliche Aussicht auf Nahrung, während der Rest der Welt sich mit Silvesterfeiern vergnügt. Versuchen wir uns das bildlich vorzustellen, wie fühlt sich das an?
Egal wie dramatisch das klingen mag, es bleibt eine Tatsache, dass unsere Selbstgefälligkeit kollektiv und weltweit gesehen sehr gefährlich ist, da sie andere Menschen das Leben kostet. Unsere Selbstgefälligkeit tötet die Armen direkt oder indirekt, aber allmählich tötet sie uns selbst, im geistigen, wie moralischen Sinne, wenn wir weiter eine Lebensweise verfolgen, die uns vom Rest der Menschheit trennt. Wir wissen alle, dass irgendwo auf der Welt Menschen aufgrund ihrer Armut sterben, aber wie viele von uns unternehmen etwas dagegen? Nur sehr wenige. In diesem Fall gibt es keinen Unterschied zwischen unseren Feierlichkeiten zu Weihnachten und einem Mafia-Clan, der viele tötet, und dann alle Mitglieder an Weihnachten zur Kirche gehen in Erinnerung an Jesus und seine Botschaft. An traditionellen Feierlichkeiten teilzunehmen und Freude daran zu haben ist ganz natürlich. Aber welche Art von Freude ist es wirklich, wenn Millionen von Eltern, die in Armut leben zusehen müssen, wie ihre Kinder in ihren Armen an Unterernährung sterben? Und während so viel Nahrung und andere wichtige Ressourcen schamlos verschwendet und nicht mit Bedürftigen geteilt werden?
Wenn unsere Feierlichkeiten vorbei sind und wir die Zeitung aufschlagen, sind wir oft angewidert, wenn ein Milliardär am Rande der Slums oder in einer sehr armen Gegend einen gigantischen Palast hinstellt. Warum können wir nicht anerkennen, dass wir alle auf genau die gleiche Art und Weise leben, global und quer durch alle Gesellschaftsschichten. Schämen wir uns da nicht, oder ist unsere Selbstgefälligkeit so tief in unserer Kultur verwurzelt, dass wir schon ganz und gar gleichgültig geworden sind?
Bitte sinnen Sie darüber nach und versuchen Sie möglichst objektiv zu erkennen, wie unsere seit Jahrzehnten fortgesetzte individuelle Selbstgefälligkeit, die unserer Familien und die Selbstgefälligkeit unserer Nationen es normal erscheinen lassen, dass Menschen in der Welt an Hunger sterben. Es ist eine planetare Selbstgefälligkeit die gewissermaßen besagt: 'es ist ihr Schicksal in Armut zugrunde zu gehen und es hat nichts mit mir zu tun.` Unsere Regierungen unternehmen nichts gegen das tägliche unnötige Sterben von Tausenden von Menschen, weil wir sie damit durchkommen lassen. Somit sind wir auch das System und das System sind wir: hier gibt es keine Trennung. So lange sich der normale Bürger in einem Leben der Gleichgültigkeit bewegt, so lange ICH nichts tue, um meine Stimme für Gerechtigkeit zu erheben, können die Banken und Großkonzerne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie inmitten des weitverbreiteten Elends und der Zerstörung Geld machen.
Wie lange noch wollen wir uns taub und stumm stellen und uns weigern das schreiende Elend von Millionen zu hören oder dieses Thema wenigstens im Familien- oder Freundeskreis zu besprechen? Wie lange noch werden wir uns der Herrschaft von Politikern und ihren obskuren Strategien unterwerfen und der Kommerzialisierung erlauben, die Liebe und Zuneigung unserer Kinder zu stehlen? Wie lange noch werden wir uns von ISMEN konditionieren lassen, die uns sagen was zu tun ist, welchen Weg wir gehen sollen, was uns glücklich macht und wen wir wählen sollen? Und wie lange noch werden wir in Angst und Tiefschlaf verharren, während wir unsere Freiheit, jeden Tag neu zu erleben, leugnen? Die Zeit ist heute überreif, die Unterdrückung dessen, was wir wirklich sind, zu beenden – das heißt endlich die mitfühlenden und fürsorglichen Menschen zu sein, zu denen wir geboren sind!
Wir alle kennen diese Momente, wenn wir zu Hause am Bettrand sitzend auf den Fußboden starren. Wir überdenken unser Leben, die endlosen Stunden in der Arbeit nur um unsere Miete oder Hypothek zu zahlen, die ständige Unsicherheit und Sorge den Arbeitsplatz, die Wohnung oder das Haus zu verlieren. Wir denken an unsere verborgenen Ängste, die kurzen Momente der Zufriedenheit und an die stets präsente, unausgesprochene Einsamkeit. Seltene Momente der Güte, die wir erfahren durften und die Tränen, die wir vergossen haben. Die nie endende Sehnsucht glücklich zu sein und geliebt zu werden, oder den richtigen Partner zu finden und vielleicht zu heiraten und die herzzerreißende Scheidung. Ein unnötiges und belastendes Image, das wir aufrechterhalten müssen, um in einer urteilenden, unaufrichtigen und unersättlichen Gesellschaft akzeptiert zu werden. Die Angst, die uns im Schlaf quält und die Angst davor alt zu werden und unerwünscht zu sein. Und im Fernsehen erleben wir immer wieder die gleichen Politiker, die gleichen abgestumpften Gesichter und die unzähligen trivialen Sendungen. Auf dem Bett sitzend mit hoffnungslosem Blick auf die Welt, müssen wir uns fragen, wie wir uns so von der Gesellschaft haben prägen lassen, dass wir für das Leid anderer so blind geworden sind. Und wie es das System geschafft hat unser Mitgefühl für alles was lebt so zu reduzieren, dass wir uns von unseren Kindern und der Natur getrennt fühlen, und das bisschen Liebe das wir noch im Herzen hatten erlahmen ließ. Wir alle kennen die Momente des Ärgers, der Schuld und Wertlosigkeit, wenn Leere und Verzweiflung unsere Gedanken überwältigen und wir dann schließlich das Licht ausmachen, die Decke über den Kopf ziehen und uns heimlich fragen: das kann doch nicht alles im Leben gewesen sein?
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Angesichts all des Leides und der wirklich kritischen Probleme in der Welt, wäre es vielleicht die beste Art dieses Jahr Weihnachten zu feiern, friedlich für ein Ende von Armut und Ungerechtigkeit zu demonstrieren und zu sagen: Schluss mit dem Fällen von Bäumen und all den extravaganten Geschenken! Und dann die Stimme zu erheben für Nahrung, Fürsorge und Vorsorge für alle Menschen in der Welt. Wäre das nicht das beste Weihnachten, das wir je erlebt haben? Denn so könnten wir nicht nur unsere Treue und Zuneigung der eigenen Familie und Freunden gegenüber zeigen, sondern auch eine liebevolle Einheit mit der restlichen Welt bilden. Wenn Jesus heute unter uns wäre, vielleicht würde er uns genau dazu aufrufen. Er würde nicht wollen, dass wir mit unseren maßlosen Feierlichkeiten weitermachen, die ja auch gar kein Ausdruck wahrer Liebe sind. Das Mindeste was wir in Erinnerung an ihn tun könnten wäre es, uns zusammenzuschließen und darüber nachzudenken, wie man den Armen helfen kann und auf diese Art an die Nöte der anderen und der Umwelt zu denken.
Wenn wir beispielsweise nur ein Jahr auf Weihnachten und Neujahr verzichten könnten, mit all den riesigen Ausgaben und dem überdimensionierten Konsum, überlegen Sie, was man mit all dem ersparten Geld für die Mitmenschen tun könnte, die an Hunger und Krankheiten sterben. Stellen Sie sich vor, was wir zusammen erreichen könnten, wenn das ganze Geld gesammelt würde und an die, die es so viel nötiger brauchen, verteilt würde – was wäre das für ein Weihnachten! Stellen Sie sich so einen Ausbruch weltweiter Nächstenliebe vor, wo selbst unsere Kinder aus Liebe zu weinen beginnen. Und denken Sie an die Kraft der Liebe und Freiheit, die in allen Ländern Ausdruck finden könnte, wenn sich Millionen Menschen unter dem Banner der einen Menschheit versammeln würden? Eine Menschheit - frei von Überzeugungen, frei von Autorität und frei, die Würde und Schönheit des Seins und dem was wir wirklich sind Gestalt zu verleihen. Vielleicht könnten wir dann die immer präsente Anwesenheit von Christus endlich wieder in uns spüren.
Wir sprechen hier nicht vom Päckchen verschicken zu Weihnachten an die Armen aus Nächstenliebe, denn das löst nicht die psychologische und spirituelle Revolution aus, von der wir hier sprechen. Es wird höchste Zeit, dass wir uns die Konditionierung auf Almosenkultur aus dem Kopf schlagen, denn es ist eine relativ unwürdige Art, Liebe in diesem Licht zu sehen. Es entwürdigt sowohl den Geber als auch den Empfänger, denn wir fahren gleichzeitig mit unserer selbstsüchtigen Lebensweise fort, anstatt den Armen wirklich zu helfen, Gerechtigkeit zu fordern oder in irgendeiner anderen Weise die Gesellschaft zu verändern und vor allem unser Bewusstsein. Und wie immer schweigen die Armen, denn sie sagen selten etwas, vor allem in den allerärmsten Ländern, wo die Gewissheit herrscht, an Hunger zu sterben. Wir können zu Weihnachten an gemeinnützige Vereine spenden, was äußerst nötig ist, aber danach handeln wir, als ob nichts geschehen wäre und vergessen wieder schnell unser gewähltes Ziel. So lassen wir Armut und soziale Ungerechtigkeit zur Norm werden und wir sind Teil dessen, was Ungerechtigkeit und Leiden weiter aufrechterhält.
Anstatt mehr Hilfspakete an die Armen zu schicken, sollten wir uns zusammenschließen und fordern, dass unsere Regierungen die Armut ein für alle Mal beenden. Nicht durch herablassende Wohltätigkeit, sondern durch die Neuverteilung der überschüssigen Ressourcen unserer Nationen, im Namen von Gerechtigkeit und richtigen menschlichen Beziehungen. Lassen Sie uns zu Hunderttausenden auf den Straßen der Städte zusammenschließen und verlangen, dass unsere Regierungen eine Inventur machen von allem was wir besitzen und nicht brauchen und es mit dem Bedarf anderer Nationen vergleichen. Dies ist keine so ungewöhnliche Bitte. Bei einem Umzug macht jede Familie eine Bestandsaufnahme von allem was sie hat, um herauszufinden, was nicht mehr gebraucht wird, und diese Sachen werden dann an Sozialvereine gegeben. Wir müssen von unseren Regierungen ebenfalls verlangen, dass sie eine gründliche Inventur ihres Bestandes und ihrer Ressourcen macht, die dann durch die Logistiker der UN in die Regionen in der Welt weitergeleitet werden, die ihrer bedürfen.
Das ist nicht Nächstenliebe, denn es geschieht durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, sondern es ist die Abschaffung von Hungertod und vermeidbaren Krankheiten für immer. Viele Länder produzieren weit über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus, insbesondere Getreide und andere Grundnahrungsmittel. Es ist nicht zu viel verlangt, wenn die einzelnen Nationen der Menschenfamilie eine globale Inventur machen, vor allem von ihrer Überproduktion und dann gemeinsam an einer Neuverteilung arbeiten, um Hunger und extreme Armut zu beseitigen. Und wenn sich unsere Regierungen weigern, müssen wir in Massen auf der Straße demonstrieren, und so die Macht der Stimme des Volkes bestimmen lassen, welche Politiker ins Amt gewählt werden. Politiker, die diesen Aufgaben gewachsen sind und die der zunehmenden Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit dienen.
Nichts von dem bedeutet, dass wir Weihnachten nicht feiern sollten, solange wir diese Tradition in einer bescheidenen und liebevollen Art den Mitmenschen und der Erde gegenüber pflegen. Wir können die Geburt Christi nicht mit konditioniertem Denken feiern, ohne moralische Überlegung darüber, was heutzutage passiert. Noch können wir Weihnachten als religiöses Fest bezeichnen, wenn wir es nur mit Essen, Trinken, Geschenken und Gelächter gleichsetzen, und dabei nicht die schwerwiegenden Probleme der Welt berücksichtigen und mit keinem Wort Jesus, Armut und Ungerechtigkeit erwähnen. Vergessen Sie den Weihnachtsschmuck und den gebratenen Truthahn und lassen Sie uns stattdessen mit unseren Getränken auf die Straße gehen und eine Massendemonstration organisieren.
Und wenn wir Jesu gedenken wollen, könnten wir ein einfaches Mahl in unseren Häusern teilen ohne die kostspieligen Geschenke und die übliche Völlerei, ohne Kommerz und krassen Materialismus, wodurch das eigentlich Heilige dieser Jahreszeit nur entwürdigt wird. Stattdessen könnten wir den Weihnachtstag als Gelegenheit sehen, um echte menschliche Beziehungen mit unseren Familien und Freunden zu pflegen und somit Liebe in Aktion pflegen, indem wir einander in diesen kurzen Feiertagen dienen. Das bringt uns Jesus näher als irgendein Ritual, das in seinem Namen durchgeführt wird. Zweifellos würde dies insbesondere eine große Auswirkung auf unsere Kinder haben und uns alle dazu bringen, uns der einfachen Lehre Christi bewusst zu werden.
Wenn wir die Gegenwart und Energie Christi zur Weihnachtszeit erleben wollen, wird das nicht passieren, wenn wir einfach herumsitzen und uns vollstopfen und betrinken. Denn die wahre Natur Christi ist bedingungslose Liebe und selbstloser Dienst, wie jeder weiß. Viele Menschen warten auf den großen Tag, den Tag der Deklaration, wenn Christus wieder öffentlich in unser Alltagsleben tritt. Aber wir übersehen dabei all die Deklarationen, die durch Christus weltweit jeden Tag stattfinden. Wenn Sie sich freuen einen Freund nach vielen Jahren wieder zu sehen, ist das eine Deklaration der Liebe Christi. Wenn Ärzte ohne Grenzen einem Schwerverletzten in einem Krisengebiet helfen, wenn der Mann die Hand seines ausländischen Arztes dankbar umklammert, nachdem er geheilt wurde, dann ist die Energie von Christus anwesend. Oder wenn Sie jemandem der mittellos und hungrig ist, etwas zu essen geben und Sie den Blick der Dankbarkeit in seinen Augen erleben, dann ist das ein Moment der Präsenz von Christus zwischen zwei Menschen.
Können wir uns folglich auch vorstellen, was für ein großartiges planetarisches Ereignis es sein wird, wenn wir uns auf den Straßen für Freiheit und Gerechtigkeit verbünden? Wenn wir endlich das Christusprinzip in jedem von uns und in uns selbst anerkennen und wenn wir unsere Regierungen gemeinsam auffordern, die Ressourcen der Welt zu teilen. Können wir uns so gegenseitiges Mitgefühl überhaupt vorstellen, bei dem es keine Trennung zwischen den Menschen in allen Ländern gibt, sondern nur noch die eine Liebe? Wir denken an Christus als den Herrn der Liebe, einen einmaligen Besucher der Welt der Menschen, der gesandt wurde, um dieses Prinzip in uns zu erwecken. Und wenn Sie andere Menschen wahrhaftig lieben, dann sind Sie auch frei, sowohl innerlich als auch äußerlich. Die Verbindung zwischen Liebe und Freiheit ist sehr innig und echt. Wenn Christus die Verkörperung der Liebe ist, dann ist er auch der Herr der Freiheit. Wenn wir also dieses Weihnachten die wahre Natur von Christus erfahren wollen, lassen Sie uns zusammentun, um zu demonstrieren und Mut zu zeigen für eine Neuverteilung der Güter, für eine neue Erde, eine neue Erkenntnis und lassen Sie uns gemeinsam erleben was geschieht.
Bitte, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, dass Sie Christus seien. Sie sehen das unendliche Leid, die Ungerechtigkeit und Erniedrigung in der Welt und entschließen sich, noch einmal wieder zu kommen in diese Welt, inmitten des gesamten Chaos, um diese Lehre weiterzugeben. Wie würden Sie die Arbeit beginnen, mit der Erkenntnis, dass der Mensch tief verstrickt ist im Netz von Überzeugungen und der Komplexität seines Lebensstils? Dort wo Einfachheit kaum noch zu finden ist und wo die Konditionierung des Geistes ihren Höhepunkt erreicht hat? Und mit dem Wissen, dass eine immense Opposition darauf wartet, Sie mit Wut und Feindseligkeit zu verfolgen? Und noch bevor Sie in der Gesellschaft Fuß gefasst haben, sagt ihnen eine Stimme vom Himmel: „Mein Sohn, denke daran, dass es nicht erlaubt ist, den freien Willen der Menschen zu beeinträchtigen.“ Darüber hinaus warten obskure Energien darauf, Sie in ein sehr kniffliges Schachspiel zu verwickeln, einen undurchschaubaren Wettbewerb, der von den vorherrschenden Kräften der Kommerzialisierung speziell für Sie veranstaltet wird. Und diese Kräfte wissen nur zu gut, dass die Könige und Königinnen in diesem Spiel nicht aus Holz, sondern aus den Kräften des freien Willens der Menschheit bestehen. Also, wie würden Sie dieser unglücklichen Welt helfen und wo würden Sie anfangen?
Wir können uns fragen, welche Rolle angesichts dieser Realität die Kirche spielt, und ob die Priester Christus erkennen würden, wenn er heute wieder unter uns leben sollte? Oder vielleicht wäre es treffender zu fragen, ob Jesus seine Kirche und das was aus ihr geworden ist, wiedererkennen würde. Die Leiter der Kirche scheinen heute mehr damit beschäftigt zu sein die Kirchen wieder mit Gläubigen zu füllen und einem erdichteten Gott zu folgen, anstatt sich nach den einfachen Anweisungen von Jesus zu richten und den Armen zu dienen und ihnen zu helfen. Oder sie vertiefen sich in geheime theologische Streitgespräche darüber, was Jesus vor Jahren vielleicht gesagt haben könnte, eine Galionsfigur, die sie irgendwo „da oben“ in einen mystischen Himmel verbannt haben, weit entfernt von unserer Alltagswelt. Sie ermutigen ihre Kirchenmitglieder nicht dazu auf die Straße zu gehen und etwas für Gerechtigkeit zu tun, um so die schwerwiegende Realität der Kommerzialisierung wahrzunehmen und die Notwendigkeit einer vereinten Stimme für die Menschheit zu erkennen Stattdessen predigen sie über eine historische Figur namens Jesus, als wäre er nicht mehr Jesus - das heißt ein Mann, der den Status quo radikal störte, indem er uns inspirierte, unsere Mitmenschen wie uns selbst zu lieben.
Seit 2000 Jahren beten wir zu Christus: ist das nicht genug? Wir haben tausende wunderbarer Kirchen zu seinem Ruhm gebaut: ist das nicht genug? Ist es nicht an der Zeit Zeremonien und Anbetung zu vergessen und Christus im anderen und uns selbst zu erkennen und uns unter dem Banner der „Freiheit und Gerechtigkeit für alle“ zu vereinen? Ist es nicht an der Zeit, dass der Priester seine Robe beiseitelegt, um sich der fordernden Stimme für Teilen und Frieden anzuschließen und dem Hunger ein Ende zu bereiten? Wir können uns fragen: wo waren die Priester, als unsere Hauptstädte voller Zelte und Demonstranten waren? Wo ist der Klerus und seine öffentliche Unterstützung, da doch Papst Franziskus für Wirtschaftsreformen und Gerechtigkeit einsteht? Und wer sind die wahren Priester in der Gesellschaft, wenn wir die Erde als Gottes heiligen Tempel betrachten – ist es die Kirche, die ihre Zeit mit Ritualen und eitlen Bekenntnissen zubringt, oder sind es doch eher die Aktivisten von Greenpeace und vieler anderer Gruppierungen, die um die Rechte und den Schutz unserer Mutter Natur kämpfen?
Die Aufgabe der Kirchen ist es zu heilen, zu leiten, zu beschützen, zu lehren und Achtsamkeit zu fördern. Aber es scheint, als haben normale Bürger diese Aufgabe anstelle der Kirchen übernommen. Der einzige Weg der Kirchen ist es daher, sich mit Hilfe der Lehren Jesu zu reformieren und sich der vereinten Stimme des Volkes anzuschließen, wie das viele religiöse Aktivisten versuchen, trotz des weitverbreiteten Widerstands der Ministerien. Wenn die christlichen und katholischen Kirchen ihr verzerrtes Verständnis von Gott und Christus beibehalten, dann werden sie mit der Zeit in Vergessenheit geraten, durch eine Welle der Veränderung, die durch die Welt zieht, was wir in den leerstehenden Kirchen die zum Verkauf stehen, bereits beobachten können. Aber wenn die Kirche die Liebe und Gegenwart Christi in den friedlichen Massenprotesten auf der ganzen Welt wahrnimmt und sich im Einklang mit der öffentlichen Meinung für freiere und tolerantere Nationen beteiligt, dann spielt sie eine wichtige Rolle bei der großen sozialen Transformation, die vor uns liegt.
Es ist die Verantwortung von uns allen, unabhängig von unserer Hautfarbe, unserem Glauben oder unserer Position in diesem Leben, uns diesem einheitlichen Ruf nach Gerechtigkeit anzuschließen und die schlimmen Folgen einer Kultur im Bann der Kommerzialisierung zu erkennen und unsere Stimme gegen die Regierungen mit Millionen anderer Menschen zu erheben. Von da an wo sich diese Ereignisse anfangen zu entfalten, wird es nicht lange dauern, bis das Prinzip des Teilens als letzte und einzige Lösung für die weltweiten Probleme anerkannt wird.
Mohammed Sofiane Mesbahi, Gründer von STWR.
Redaktionsassistent: Adam Parsons.
Übersetzung von Ute Redl und Sonja Scherndl.
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